WAS UNSERE PARTEI KENNZEICHNET: Die politische Kontinuität von Marx zu Lenin bis zur Gründung der Kommunistischen Internationale und der Kommunistischen Partei Italiens (Livorno 1921); der Kampf der Kommunistischen Linken gegen die Degeneration der Kommunistischen Internationale, gegen die Theorie des “Sozialismus in einem Land” und die stalinistische Konterrevolution; die Ablehnung von Volksfronten und des bürgerlichen Widerstandes gegen den Faschismus; die schwierige Arbeit der Wiederherstellung der revolutionären Theorie und Organisation in Verbindung mit der Arbeiterklasse, gegen jede personenbezogene und parlamentarische Politik.


 

Der Landesmantelvertrag im schweizer Bauhauptgewerbe lief auf Ende 2022 aus. Die Neuverhandlung gestaltete sich trotz moderater Forderungen von Seiten der Gewerkschaften schwierig. Es wurden lediglich Dinge wie eine klarere Regelung der Arbeitszeit (z.B. bei sehr heißen Temperaturen), besserer Kündigungsschutz für ältere Angestellte, der volle Teuerungsausgleich (bei einer mit der EU vergleichsweise geringen Inflation von 2,8 %) und dergleichen mehr gefordert.

Demgegenüber stand der Verband der Baumeister, mit selbst für die hiesigen Verhältnisse unverschämten Angriffen auf die Arbeitsbedingungen. Im Kern stand die maximale Wochenarbeitszeit von 58 Stunden, eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit (Arbeit auf Abruf, kurzfristige Absage bei Schlechtwetter, Wochenendarbeit) sowie selbstverständlich die kategorische Ablehnung jeglicher Lohnerhöhungen oder Teuerungsausgleiche.

Den öffentlichen Diskurs dominierten von Beginn weg lediglich die Forderungen der Baumeister:innen. Der Verdacht liegt nahe, dass dies dem Wirken einer einschlägigen PR-Agentur, die schon oft für rechte Parteien und Verbände sowie für Immobilienkonzerne Kampagnen organisiert hat, geschuldet war. Die Gewerkschaften, allen voran die Unia, waren am Tag eins in der Defensive und konnten ihren lächerlich moderaten „Bitten“ an den Baumeisterverband kaum öffentlich Gehör verschaffen.

Trotzdem wurden dann mit einiger Verspätung alle Mittel mobilisiert, da es sich beim Bauhauptgewerbe um das Steckenpferd der Unia handelt. Rückläufige Mitgliederzahlen und Skandale in der Chefetage und darüber hinaus haben sie zuletzt stark erschüttert. Ein Versagen bei diesen Verhandlungen wäre also kaum tragbar für die größte schweizer Gewerkschaft.

Die Bauarbeiter sind in der Unia in Basisgruppen aus Delegierten nach Regionen und Betrieben aufgeteilt, um so die Verhandlungsposition ausarbeiten zu können. Selbstverständlich fanden diese Sitzungen immer auch im Beisein von Funktionär:innen statt. Diese Basisgruppen wollten dann, nach erster gescheiterter Verhandlung und aus Protest gegen den sich anbahnenden vertragslosen Zustand, mehrheitlich Protestaktionen und Streiks durchführen. So kam es dann in verschiedenen Regionen zu Streiktagen im Oktober und November.

Am Zürcher Streiktag, den 11. November um 4.30 in der Früh trafen sich um die 100 Leute aus verschiedenen „linksradikalen“ Strukturen und gingen dann geschlossen ins Uniasekretariat im Zürcher Volkshaus. Der Plan war, dass wir uns dort auf Busse verteilen und gemeinsam mit Bauarbeitern und Funktionär:innen verschiedene Baustellen im Großraum Zürich aufsuchen und sicherstellen, dass dort nicht gearbeitet wird.

Als wir eintrafen, war es ersichtlich, dass die Funktionär:innen nicht mit so vielen Leuten gerechnet hatten und eher erschrocken als erfreut waren über unser Kommen. Dennoch hielten sie Wort und teilten uns Bussen und Funktionär:innen zu, mit denen wir dann etwa in Zehnergruppen verschiedene Ziele anfuhren.

Unsere Gruppe lud zuerst einige Bauarbeiter:innen, die sich an der Aktion beteiligen wollten, auf und wir steuerten dann eine Großbaustelle bei einem Einkaufszentrum an, bei der bekannt war, dass der Vorarbeiter seine Leute eingeschüchtert hatte und zur Arbeit zwingen wollte. Kurz nach Sechs trafen wir dort ein. Während die sichtlich nervösen und unerfahrenen Funktionär:innen sich sofort auf ein Streitgespräch mit dem vor dem Tor wartenden Polier einließen, begannen wir gemeinsam mit den Bauarbeitern die verschiedenen Eingänge zur Baustelle zu verbarrikadieren. Einige entschlossene Streikbrecher:innen, die extra früher gekommen waren, versuchten uns daran zu hindern, aber nach einigem Gepöbel und einem kleinen Handgemenge war das Kräfteverhältnis schnell geklärt und sie zogen sich fluchend in die Baubaracken zurück.

Als wir später am Zürcher Helvetiaplatz ankamen hatten sich dort schon an die 4000 Leute versammelt, vornehmlich Bauarbeiter:innen, und bereiteten sich langsam auf den ersten Umzug vor der Großdemonstration am Nachmittag vor. Die Funktionär:innen gingen zu ihren Sekretär:innen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Wir und einige Bauarbeiter:innen blieben indes im Bus und beratschlagten uns. Inzwischen hatte uns die Nachricht erreicht, dass bei einer Streikbrecherbaustelle eine Aktion vorbereitet wurde. Es war klar, dass wir die Kolleg:innen vor Ort unterstützen wollen und nach kurzer Diskussion konnten wir den Busfahrer überzeugen, uns ohne den Segen der Funktionär:innen hinzufahren. Es entwickelte sich eine gute, kämpferische Stimmung und wir erreichen gerade rechtzeitig die Baustelle, wo sich Genoss:innen, Kolleg:innen und einige Unialeute versammelten um die Baustelle zu stürmen. Die Streikbrecher:innen hatten sich in einem nahen Café versammelt und beobachteten die Szene. Dann ging es schnell, von verschiedenen Seiten her betraten wir die Baustelle. In kurzen Gesprächen wurde mitgeteilt, dass die anwesenden Arbeiter:innen die Baustelle um jeden Preis lahmlegen wollen. Und das passierte dann auch. Innerhalb kürzester Zeit wurde der Strom gekappt, Baupläne zerstört und alles was nicht niet- und nagelfest war zum Barrikadenbau verwendet. Die wenigen Arbeiter:innen, die noch auf der Baustelle waren hatten anscheinend nur darauf gewartet und reihten sich sofort ein. Die Polizei traf ein aber hielt sich zurück und verhandelte mit den Funktionär:innen. Das Sabotieren ging noch eine Weile weiter und manch einer stillte wohl noch seine geheime Wut.

Danach bildete sich ein spontaner Demonstrationszug durch die Innenstadt hin zum Helvetiaplatz. Auf dem Weg wurden dann eher aus Impuls denn aus Kalkül noch einige Baustellen angegriffen, auf denen die Arbeit aber weitestgehend ruhte.

Beim Treffpunkt war die Menge auf etwa 6000 Menschen angewachsen. Gegen 13 Uhr zog dann eine laute Demo los, die zum allergrößten Teil aus migrantischen Bauarbeiter:innen bestand. Die Stimmung war aufgeheizt und es war laut. Die Unia versteht es aber sehr gut, ihre Leute im Zaum und ihre Demos unpolitisch zu halten. Es wurden Fahnen und Trillerpfeifen verteilt, das rot-weiße Unialogo dominierte und für spontane Redebeiträge oder Diskussionen blieb im Pfeifkonzert kein Raum.

Auf der Höhe des Hauptbahnhofs trafen wir dann auf eine Baustelle, auf der weiterhin gearbeitet wurde. „Von Leuten aus dem Baunebengewerbe, das habe nichts mit uns zu tun“, sagten die sichtlich nervösen Funktionär:innen. Das interessierte die Leute aber wenig. Es bildete sich ein Pulk aus etwa 60 Bauleuten, die zur Baustelle hindrängten und die Niederlegung der Arbeit erzwingen wollten. Funktionär:innen rannten herum, um „ihre“ Leute davon abzubringen und auch die Polizei versuchte mit Drohgebärden die Kollegen zur Umkehr zu bewegen. Letztendlich kehrte aber erst wieder Ruhe ein, als die Leute auf der Baustelle die Arbeit abbrachen. Die Demo zog nach einem offenbar nicht geplanten Stopp in der Haupthalle des Bahnhofs weiter zum Sitz des Baumeisterverbands. Dort löste sich die Demonstration auf und der Tag ging zu Ende.

Einige Zeit darauf, als die Dynamik spürbar verpufft war, kam es dann zu einem „erfolgreichen“ Ende der Verhandlungen. Reallohnverschlechterungen durch einen faulen Teuerungsausgleich und weitere abgeschwächte Formen der vom Baumeisterverband geforderten Verschlechterungen wurden angenommen. Und obendrauf gab es gratis Sonnencreme für die Arbeiter:innen. Trotz einiger wütender Reaktionen und Spaltungsdrohungen der radikaleren Sektionen blieb der große Knall in den Schweizer Gewerkschaften aus.

Und dennoch, diese Formierungen der Klasse zum Kampf für die eigenen Lebensbedingungen sind in einem Land wie der Schweiz, wo es keine starke gewerkschaftliche Tradition gibt, ein wichtiger Bezugspunkt für die Revolutionären. Wir müssen diese Dynamiken beobachten, daran teilnehmen und versuchen, unsere Inhalte einzubringen und dazu beizutragen, die unauflöslichen Widersprüche im Klassenkampf offenzulegen. Es bleibt zu hoffen, dass sowohl die kämpfenden Arbeiter:innen als auch wir unsere Lehren aus diesen Ereignissen ziehen und in Zukunft schlagkräftiger zusammen agieren können!

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