WAS UNSERE PARTEI KENNZEICHNET: Die politische Kontinuität von Marx zu Lenin bis zur Gründung der Kommunistischen Internationale und der Kommunistischen Partei Italiens (Livorno 1921); der Kampf der Kommunistischen Linken gegen die Degeneration der Kommunistischen Internationale, gegen die Theorie des “Sozialismus in einem Land” und die stalinistische Konterrevolution; die Ablehnung von Volksfronten und des bürgerlichen Widerstandes gegen den Faschismus; die schwierige Arbeit der Wiederherstellung der revolutionären Theorie und Organisation in Verbindung mit der Arbeiterklasse, gegen jede personenbezogene und parlamentarische Politik.


 

Die sozialen Kämpfe, die in jüngster Zeit in Großbritannien, Frankreich, Deutschland und im Herzen der Vereinigten Staaten ausgebrochen sind, die großen Protestbewegungen in Ländern wie dem Iran, die anhaltenden Spannungen im blutigen Nahen Osten und im strategisch wichtigen Fernen Osten, die Unzufriedenheit, die in der Jugend (und nicht nur dort) aufgrund der Sorge vor einer „drohenden“ Umweltkatastrophe explodiert ist, und nicht zuletzt die immer offeneren und tieferen Widersprüche, die zu wiederholten Ausbrüchen von Kriegen in verschiedenen Teilen der Welt führen, sicherlich nicht zuletzt die immer offeneren und tieferen Brüche und Widersprüche, die zu wiederholten Ausbrüchen von Kriegen und Kleinkriegen in verschiedenen Teilen der Welt führen, sind allesamt Symptome (einige schwach und kurzlebig, andere akuter und beunruhigender) der fortschreitenden Verschärfung der Krise der kapitalistischen Produktionsweise. Konfrontiert mit der objektiven Realität ihrer eigenen verheerenden Agonie und geschult durch zweieinhalb Jahrhunderte Erfahrung, ist sich die herrschende Klasse bewusst, dass das Wiederaufflammen des offenen Klassenkampfes eine reale, wenn auch noch nicht unmittelbare Bedrohung für den Erhalt ihrer Macht darstellt, die bisher durch die verschiedensten politischen Formen und unabhängig von der Farbe der aufeinanderfolgenden Regierungen ausgeübt wurde. Völlig desinteressiert und ohnmächtig, diesen Prozess auf konkreter und realer, wirtschaftlicher und sozialer Ebene aufzuhalten, beschleunigen die Bourgeoisien auf der ganzen Welt durch die Nationalstaaten, die ihr artikuliertes Herrschaftsinstrument sind, die Tendenz zu einer fortschreitenden Verfestigung ihrer Kontroll- und Unterdrückungsstrukturen – Kontrolle und Unterdrückung, die für die beherrschte Klasse (unsere Klasse, das Proletariat) schon immer eine dramatische und blutige Realität darstellten, die aber jetzt noch deutlicher und direkter werden, bis hin zur Bildung einer einzigen und wahren Staatsreligion.

Im Laufe der Zeit haben die Verfassungen, Vorschriften und Gesetze, auf denen die Macht der herrschenden Klasse beruht, einen elastischen Bezugsrahmen mit sich verschiebenden Grenzen dargestellt, in dem die absolute Möglichkeit herrscht, diese Macht je nach den Erfordernissen des Augenblicks (despotisch) auszuüben. Um nur in der nationalen Sphäre Italiens zu bleiben (die trotz allem historisch eine Schule und ein Modell für die institutionellen Bedürfnisse eines großen Teils der Bourgeoisie anderer Nationalstaaten darstellte), hat das berüchtigte Rocco-Strafrecht (benannt nach dessen Schöpfer aus der Zeit von Mussolini) nichts anderes getan, als die Grundzüge der früheren liberalen antiproletarischen Gesetze aufzugreifen, um sie nicht nur entsprechend den Bedürfnissen der faschistischen Ära, sondern vor allem des historisch notwendig gewordenen imperialistischen Staates zu verstärken: und genau aus diesem Grund wurde dieses Strafrecht an das postfaschistische Regime weitergegeben, das es je nach seinen Bedürfnissen eingesetzt hat. Und das tut es auch heute noch, in einem Interpretations- und Anwendungsbereich, der immer und ausschließlich die Dringlichkeiten der „Verteidigung“ der so genannten „öffentlichen Ordnung“ berücksichtigt, wie die Abfolge von Dekreten oder „Sondergesetzen“ zeigt, die unabhängig von der Farbe der Exekutive Turco-Napolitano, Bossi-Fini und in jüngster Zeit Minniti-Orlando, Salvini, Lamorgese, Piantedosi erlassen werden; oder von der repressiven Praxis, die, um uns auf die letzten zwanzig Jahre zu beschränken, von Genua 2001 bis zum Val di Susa (No TAV-Bewegung) reicht, bis zu dem Hagel von repressiven Maßnahmen, juristisch und polizeilich, der die Logistikarbeiter:innen getroffen hat und weiterhin trifft, und so weiter, gipfelnd in der Anwendung des so genannten 'Artikel 41 bis' (Anti-Mafia-Gesetze, die nun auch gegen Linke eingesetzt werden, mit weitgehender Einschränkung der Rechte Inhaftierter und Isolationshaft) auf jede Aktion, die vage eine aktive Auflehnung gegen die etablierte Ordnung darstellt…

Andererseits, um mit einem noch italienischeren Beispiel fortzufahren, heißt es nicht in Artikel 42 der Verfassung (die von den Schöngeistern weiterhin als die 'schönste der Welt' gefeiert wird!): 'Das Privateigentum wird durch das Gesetz anerkannt und garantiert, das die Modalitäten seines Erwerbs und seiner Nutzung sowie seine Grenzen festlegt, um seine soziale Funktion zu gewährleisten und es allen zugänglich zu machen'? Abgesehen von der Scheinheiligkeit von Ausdrücken wie „soziale Funktion“ und „für alle zugänglich“ kann und muss sich aus diesem Artikel eine Reihe von repressiven Maßnahmen ergeben, die sich sowohl gegen den kleinen Taschendieb im Bus als auch gegen die Streikpostenkette der Arbeiter:innen vor der Fabrik oder der Halle richten, beides „Privateigentum“ von mehr oder weniger anonymen Einzelpersonen oder Unternehmen oder des Staates. Das Gleiche geschieht natürlich auch anderswo, wie die Fälle des Darmanin-Gesetzes in Frankreich oder die neueren Anti-Streik-Gesetze in Großbritannien zeigen. In den Jahren, in denen die italienische Verfassung Gestalt annahm und ihre ersten Schritte machte, schrieben wir:

Die revolutionäre Kritik, die sich nicht durch den Schein von Zivilisation und ungetrübtem Gleichgewicht der bürgerlichen Ordnung blenden lässt, hat seinerzeit festgestellt, dass auch in den demokratischsten aller Republiken ’die moderne Staatsgewalt nur ein Ausschuss ist, der die gemeinschaftlichen Geschäfte der ganzen Bourgeoisklasse verwaltet’ [MEW 4, S. 464]. Womit auch entschieden mit den hirnigen Vorstellungen aufgeräumt wurde, wonach seit der Zertrümmerung des alten feudalen, klerikalen und autokratischen Staates dank der parlamentarischen Demokratie eine Staatsform entstanden sei, in der alle Gesellschaftsmitglieder, welches ihre ökonomische Stellung auch immer sei, vor Unheil bewahrt würden und mit gleichen Rechten vertreten wären. Der politische Staat, auch und vor allem der demokratisch-parlamentarische Staat, ist ein Unterdrückungswerkzeug. Er lässt sich recht treffend mit einem Speicher der Herrschaftsenergie der ökonomisch privilegierten Klasse vergleichen, der in Zeiten, in denen die soziale Revolte nicht zu explodieren droht, im potenziellen Zustand verharrt, der aber, sobald es im gesellschaftlichen Untergrund zu brodeln beginnt, vor allem in Form von Polizeirepression und blutiger Gewalt geöffnet wird..“ (Gewalt und Diktatur im Klassenkampf)

Von „revolutionären Erschütterungen“ sind wir heute leider noch weit entfernt. Aber der politische Staat, der bewaffnete Arm der herrschenden Kapitalistenklasse, hat nie aufgehört, sich aufzurüsten: Sein „Reservoir der Herrschaftsenergien“ hat sich weiter gefüllt, auch dank der Entwicklung der Technologien und einer fortschreitenden Militarisierung der Gesellschaft auf allen Ebenen – die ideologische nicht ausgenommen. Zu Beginn der Pandemie war sofort klar, dass der Staat sie gesellschaftlich nutzen würde, um eine Generalprobe für die Repression im großen Stil abzuhalten. So schrieben wir:

Wir wollen klarstellen, dass diese Epidemie gesellschaftlich ausgenutzt wird (politisch, ideologisch, militärisch). Sowohl in der Art und Weise und den Zeitpunkten, mit der die herrschende Klasse von jedem Land teils unterschiedlich diese Gelegenheit augenblicklich ergriffen hat, um Maßnahmen des Belagerungszustandes zu elaborieren und in die Praxis umzusetzen, die über den Anlass des Virus hinausgehen und Szenarien vorwegnehmen, die aus realer, historischer Erfahrung gut bekannt sind, sowohl der Klassenkrieg als auch der Krieg zwischen imperialistischen Staaten – um nicht zu sagen: Maßnahmen des Staatsterrorismus, eben so sehr auf der ideologischen wie auf der militärischen Ebene, der Kontrolle des Lebensraums.

Über die fratzenhafte Ausnutzung bis an die Grenzen der Manipulation der Daten, Statistiken und Bewertungen hinaus, mit häufigen Widersprüchen über Erkrankungs- und Todesraten und zu den fortlaufenden Streitereien zwischen „Experten“, Politikern, Technikern, Intellektuellen erklingt in jedem Kommunikationsmittel der trommelnde Aufruf zu „kollektiver Verantwortlichkeit“, zu „nationaler Einheit“, „sich zum Staat für alle Bürger zu machen“, zum Kontrolle ausüben über die „anderen“, indem man die Tür hin zur Praxis der Denunziation öffnet, heute gegenüber denen, die die Entscheidungen, die von oben kommen, nicht vollständig respektieren, morgen in den Auseinandersetzungen mit denen, die sich nicht vollständig mit dem Staat identifizieren und stattdessen beabsichtigen, ihn zu bekämpfen; wir erinnern daran, dass zur geschickt eingeführten Praxis der Separation und Isolierung der Einzelnen der Verdacht und die kollektive Psychose hinzukommt.“ (Die gesellschaftliche Ausnutzung der Epidemie)

Doch abgesehen vom ideologischen [1] Aspekt, der uns gewiss nicht überrascht, zeigt sich das Wirken dieser einzig wahren Staatsreligion in der Materialität des täglichen Lebens. Wir denken an die blutige staatliche Unterdrückung, die in letzter Zeit die Massenbewegungen im Iran, in Tunesien, Ägypten und Syrien getroffen hat; an das unaufhörliche Abschlachten der palästinensischen Bevölkerung durch den israelischen Staat; an die Gesichtserkennungstechnologien, die der chinesische Staat eingeführt hat und die von anderen Staaten übernommen wurden oder werden; die endlosen Morde an afroamerikanischen Proletarier:innen und Subproletarier:innen durch die Bullen oder die Praxis der militärischen Zurückweisung von Einwandernden an der Grenze, begleitet vom Bau der Mauer, die die Vereinigten Staaten von Mexiko trennt; die wiederholte Anwendung der so genannten „Anti-Mafia“-Gesetzgebung auf soziale Kämpfe in Italien, mit „Vereinigungsdelikten“ („Kriminelle oder terroristische Vereinigung“, in Deutschland §129/129a) oder die Ausweitung des „Gewaltverbrechens“ und des „Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte“ auf diejenigen, die es sogar wagen, sich vor den Schlagstöcken der „Ordnungskräfte“ zu schützen!…

Es handelt sich um eine unumkehrbare Entwicklung, der nur durch ein anderes gesellschaftliches Kräfteverhältnisse entgegengewirkt werden kann. Aber das setzt eine Wiederaufnahme der Kämpfe voraus, nicht nur der sozialen und wirtschaftlichen Verteidigung, sondern auch des politischen Angriffs: eine Wiederaufnahme, die international organisiert stattfinden muss, je nach den Zeiten und Bedingungen jedes nationalen proletarischen Segments.

Auch aus diesem Grund braucht es ein Kampforgan (das in der Lage ist, das Gewaltmonopol der bürgerlichen Staaten zu brechen), das die Revolutionär:innen der imperialistischen Metropolen und Peripherien vereint: die Internationale Kommunistische Partei – eine kommunistische Partei, die kein ohnmächtiger Zusammenschluss lokaler Gremien ist, sondern das Zentrum einer koordinierten internationalen Leitung des unvermeidlichen revolutionären Prozesses, zu dem die Proletarier:innen des gesamten Planeten gezwungen sein werden. Um nicht die entwaffnende und passive demokratische diktatorische Herrschaft der Bourgeoisie zu erleiden, rufen wir von der Internationalen Kommunistischen Partei euch zur Wiederherstellung und Reorganisation dieses Kampforgans (das die Einheit von Aktion, Organisation und Taktik, Programm, Prinzipien und Theorie ist) auf.

Fußnoten:

[1] „Die Gedanken der herrschenden Klasse sind in jeder Epoche herrschende Gedanken, d.h. die Klasse, welche die herrschende materielle Macht der Gesellschaft ist, ist zugleich ihre herrschende geistige Macht. Die Klasse, die die Mittel zur materiellen Produktion zu ihrer Verfügung hat, disponiert damit zugleich über die Mittel zur geistigen Produktion, so daß ihr damit zugleich im Durchschnitt die Gedanken derer, denen die Mittel zur geistigen Produktion abgehen, unterworfen sind. Die herrschenden Gedanken sind weiter Nichts als der ideelle Ausdruck der herrschenden materiellen Verhältnisse, die als Gedanken gefaßten herrschenden materiellen Verhältnisse; also der Verhältnisse, die eben die eine Klasse zur herrschenden machen, also die Gedanken ihrer Herrschaft.“ (Die deutsche Ideologie. Marx/Engels, MEW 3, S. 46)

Übersetzt aus: il programma comunista, Juni/Juli 2023

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