WAS UNSERE PARTEI KENNZEICHNET: Die politische Kontinuität von Marx zu Lenin bis zur Gründung der Kommunistischen Internationale und der Kommunistischen Partei Italiens (Livorno 1921); der Kampf der Kommunistischen Linken gegen die Degeneration der Kommunistischen Internationale, gegen die Theorie des “Sozialismus in einem Land” und die stalinistische Konterrevolution; die Ablehnung von Volksfronten und des bürgerlichen Widerstandes gegen den Faschismus; die schwierige Arbeit der Wiederherstellung der revolutionären Theorie und Organisation in Verbindung mit der Arbeiterklasse, gegen jede personenbezogene und parlamentarische Politik.


 

Einer der vielen Aspekte, die durch die ökonomische Krise mit immer größerer (und dramatischerer) Klarheit ins Auge fallen, ist die Tatsache, dass ohne eine organisierte revolutionäre Partei, die auf einer felsenfesten Theorie und auf einem Programm basiert, das sich durch eine lange historische Erfahrung bestätigt hat und das durch die Bilanz von 90 Jahren Konterrevolution noch weiter geschärft wurde – dass ohne diese Partei das Proletariat alleine dasteht und auf sich selbst gestellt ist – gegenüber den Angriffen, die von einer Produktionsweise losgetreten werden, die in ihren anti-proletarischen Erscheinungsformen immer brutaler wird.

Gleichzeitig, während diese politische Einsamkeit in diffuser und beklemmender Art und Weise auf weltweiter Ebene in den unterschiedlichsten Formen spürbar ist, nimmt die Zahl derer zu (sie sind eine Plage unterschiedlichen Ursprungs aber meistens das stinkende Produkt der Mittelklasse), die diese zentrale Rolle der revolutionären Partei (von Organisation und Leitung) kleinreden, ignorieren oder auf eine ungreifbare Zukunft vertagen – in der Praxis negieren.

Natürlich ist die Geschichte der Arbeiter_innenbewegung und der kommunistischen Bewegung voll von offenen Verweigerern der Partei: den Anarchisten vor allem, gegen die die Kommunisten seit jeher kämpfen mussten, indem sie die zentrale Rolle der Partei betont haben gegen jede metaphysische Vision von Macht, des Proletariats, der klassenlosen Gesellschaft; dann mit den entsprechenden Unterschieden die Anarchosyndikalisten, die historischen US-Wobblies, die revolutionären Gewerkschaftler in Italien oder Frankreich, starke soziale Kämpfer, aber beschränkt in einer spontaneistischen, lokalistischen, fabrikorientierten Vision, in der Substanz anarchistisch; schließlich die Operaisten unterschiedlicher Art und Ausprägung in den Ereignissen der kommunistischen Bewegung des 20. Jahrhunderts.

All sie haben niemals die eigene Ablehnung der Partei-Organisation verheimlicht sowohl, indem sie auf eine innere proletarische Subjektivität bestehen, die in der Lage ist, von selbst und alleine den zu beschreitenden Weg zu erkennen, als auch, indem sie aufgrund einer grundsätzlich falschen Leseart der Geschichte der kommunistischen Bewegung die Überzeugung haben, dass jegliche Partei-Organisation nichts anderes als ein Instrument der „Bürokratisierung” und der „Unterdrückung des Willens der Basis” wäre. Aber man negiert die revolutionäre Partei, ihre leitend-organisatorische Rolle in den Klassenauseinandersetzungen auch, indem man sie in der Substanz in einer verzerrten Art und Weise konzipiert (man denke bei den verschiedenen historischen Beispielen z.B. an die deutsche KAPD): die „Partei der Massen und nicht der Führer”, die „Partei muss sich auf die Propaganda für den Kommunismus beschränken, um nicht die Klasse zu ersetzen”, die „Partei ausschließlich auf Basis von echten Arbeitern”, und so weiter.

Die Misere der historischen Phase, in der wir heute zu leben verdammt sind, scheint in einer einfachen zwergenhaften Version diese Verweigerer der Partei zu reproduzieren: der Operaismus, der Spontaneismus, die Bewegungstümlerei: sie werden hier ununterbrochen reproduziert, innerhalb und außerhalb der „Freiräume” der sozialen Zentren, unter der „wütenden” Mittelklasse, unter den abgezerrten Erben der Gramscianer, unter den „Rebellen“ und den „Subjektivisten” der „Revolution hier und jetzt”, die sich vor jeglicher revolutionärer Vorbereitung ekeln, unter den Studenten, die sich nicht verbindlich festlegen wollen, unter all denen, die nach Jahrzehnten stinkender Demokratie nicht die Notwendigkeit der Organisation und der harten Arbeit im Kontakt mit der Klasse verstehen.

Dieser Ballast drückt auf ein akut leidendes Proletariat, das versucht, soweit es kann, dafür zu kämpfen, um die eigene Stimme hörbar zu machen, mit der Kraft der Verzweiflung zu kämpfen um zu überleben – manchmal mit einem unerwarteten Strohfeuer, das durch ein Blutbad erstickt wird (um in der jüngsten Geschichte zu bleiben: in Südafrika, in Vietnam, in Kambodscha), manchmal mit weiträumigen Aufständen, die durch kleinbürgerliche Forderungen kanalisiert werden, dieses oder jenes Regime auszuwechseln und somit kastriert und erstickt werden (die Bewegungen eines ausgesprochen proletarischen Ursprungs, die sich in Nordafrika entflammt haben). Ohne in der Analyse dieser Fakten weiterzugehen (denen wir in den letzten Jahren etliche Seiten unserer Presse gewidmet haben), ist es offensichtlich, dass das Fehlen der revolutionären Partei auf weltweiter Ebene zwar dazu geführt hat, dass sich die proletarische Klasse unter dem Druck der materiellen Fakten, in totaler Einsamkeit mit offener Flanke bewegt hat, auch auf der Ebene des beschränkten (aber notwendigen) Horizontes der Verteidigung der eigenen Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dabei ist es unvermeidlich Opfer der demokratischen und reformistischen Illusionen und Gespenster geworden.

Wie wir oben geschrieben haben, gibt es jedoch viele Formen, „die Partei abzulehnen“. Es gibt heute eine große Bandbreite an „Improvisierern“, die die revolutionäre Partei für notwendig erachten, aber... morgen, zu einem anderen Zeitpunkt, in der Phase, in der die bevorstehende Revolution sie erfordert (sprich: wenn sie uns dann den netten Gefallen tut, uns zu informieren, dass die Partei benötigt wird!). Dann werden die Avantgarden die Ärmel hochkrempeln und im Lodern des revolutionären Feuers werden einige dann die Partei aus dem Ärmel schütteln, die sie der Klasse vorstellen werden – die sich dann augenblicklich in die Partei „verlieben“ wird, bereit ihr zu folgen mit ihr bis ans Ende der Welt zu gehen. Heute sind wir noch weit entfernt von diesem erhabenen Moment, deshalb tauscht man Informationen aus, streitet darüber, wer am tollsten ist, streitet über die sozialen Netzwerke, über Facebook und über Twitter, wo alle die richtige Strategie bereits in der Tasche haben, das perfekte Rezept und die Lösung kennen, hier macht man sich die „richtigen“ Meinungen über Revolution und Konterrevolution, über die Dynamiken der Krise und über das Wesen der kommunistischen Gesellschaft. Die Partei? Die brauchen wir heute nicht: es ist besser, eine große Anzahl an Followern von „ehrlichen Freunden“ zu haben; es ist besser darüber zu polemisieren und zu demonstrieren, wer am Schlausten ist; es ist besser, pompöse Texte und Dokumente als Selbstzweck auszutauschen; es ist besser ein Milieu von Gruppen zu schaffen, ein Netzwerk. So sind wir vor Niederlagen sicher, und vor allem sind wir schließlich tagtäglich Protagonisten. Die Klasse? Soll sie nur ihre Kämpfe machen! Die Arbeit im Kontakt mit der Klasse? Das interessiert mich nicht! Die führende und organisatorische Rolle der Partei? Wenn sie wirklich notwendig ist, lasst uns darüber in einem anderen Moment reden!

Stattdessen kann weder die Partei noch die dialektische Verbindung zur Klasse und zu den Kämpfen improvisiert werden. Man kann die Partei nicht improvisieren, weil Partei in erster Linie die theoretische und praktische Kontinuität einer Organisation bedeutet, und wenn man nicht an dieser Kontinuität arbeitet, und diese mit Zähnen verteidigt, wenn man sie nicht durch neue Generationen sicherstellt, nicht als „Studiengruppen“, nicht als „Intellektuelle“, nicht als Schwätzer, dann wird diese Kontinuität auseinanderbrechen und untergehen und wird nutzlos – was bleibt ist nur die Diktatur der herrschenden Ideologie und die bürgerlich-staatliche Repression. Die Partei kann nicht improvisiert werden, weil die einzige Gewährleistung, die es geben kann, für ihre Fähigkeit zur Führung der Klasse hin zur Machtübernahme und zur Verwaltung der proletarischen Diktatur als notwendiger Übergang zu einer klassenlosen Gesellschaft gerade in der Formierung der eigenen politischen Kräfte besteht, in der Teilnahme an den proletarischen Kämpfen mit einer tendenziell kritischen, leitenden und organisatorischen Funktion, in der fortlaufenden und tiefgründigen Analyse der ökonomischen und gesellschaftlichen Fakten (weder als intellektuelles Hobby noch zur Erreichung persönlicher Ziele). Die Partei kann nicht improvisiert werden, weil die Klasse ihre Führung nur erkennen und wiedererkennen kann (und somit sich selbst als geschichtlicher Faktor und nicht mehr als unterdrückte Klasse wiedererkennt), wenn diese bereits an der Seite von ihren Kämpfen gewesen ist, in den eigenen schmerzenden Niederlagen, nur wenn sie von ihr die Lehren aus diesen Kämpfen beziehen konnte, aus den Niederlagen und Siegen, nur wenn die kämpfenden Teile der Klasse bereits die Möglichkeit hatten, diejenigen zu erkennen, die es am besten verstehen, in der aktuellen Situation und in der zukünftigen Perspektive als Führung zu agieren. Morgen wird es dazu zu spät sein: die historische Erfahrung, mit ihren Tragödien, die an das Fehlen oder an die Verspätung der revolutionären Partei geknüpft waren, haben dies in letztlich dramatischer Weise gelehrt.

Und dann gibt es noch ein anderes Grüppchen von Leuten, die sich auf den ersten Blick scheinbar von dieser trostlosen Sichtweise abgrenzen: das der „Konstrukteure“ der revolutionären Partei. Diese „fühlen“, dass solch eine Partei notwendig ist, aber sie glauben, das aktuelle (relative) Nichtvorhandensein der Partei könne man überwinden, indem man sie konstruiert, wie mit einem Legobaukasten. Indem sich regelmäßig verschiedene Gruppen und Formationen am Runden Tisch treffen, „Plattformen“ und „Kongressdokumente“ elaborieren, um irgendwelche Übereinstimmungen zu proklamieren, sich mit dieser oder jener kleinen Partei koordiniert, in einer Neuauflage von gruppenübergreifenden gewerkschaftlich-politischen Bündnissen aus vergangenen Zeiten, indem man  imaginäre (Volks-)fronten oder Büros oder Verbindungsstellen aufbaut, wobei alte Gruppierungen wiederauferstehen oder neue erfunden werden, während man glaubt, dass die Partei aus den und in den Kämpfen entstehen könnte, aus den zusammengewürfelten Basisorganisationen... die eine politisch-erzieherische Funktion ausüben würden. Eine zusammengebastelte Partei also, in die jeder einbringen kann, was er und sie will: das Ganze unter absoluter Missachtung der Homogenität der Theorie, der Prinzipien, des Programms und vor allem gleichgültig gegenüber einer unbarmherzigen Bilanz davon, was im letzten Jahrhundert der Geschichte der Arbeiterbewegung und der kommunistischen Bewegung passiert ist – die die wirkliche und einzige Grundlage dafür ist, um anfangen zu können, sich dem Problem der Partei zu stellen. Dies machte die Kommunistische Linke 1926 zu Beginn der schrecklichsten konterrevolutionären Welle mit ihren „Thesen von Lyon“, der Bilanz einer Vergangenheit von siegreichen und verlorenen Kämpfen, die sie an künftige Generationen weitergab – dies ist eine notwendige Brücke für die Zukunft. Die Partei kann man nicht „konstruieren“, genauso wenig wie man „den Sozialismus konstruieren“ kann: man kann sich nur in eine Tradition einreihen, die in der Geschichte der kommunistischen Bewegung bereits präsent ist und den Kampf weiterführen, stur und ungemütlich gegen die Strömung – dies ist unsere Tradition. Aber wie man weiß, sind dies Lappalien! Die Krise drängt dazu, früh anzufangen: Konstruieren wir die Partei, ohne uns darum zu kümmern, was vorher passiert ist! Was dabei heraus kommt: die Monsterpartei von Frankenstein!

Wir Kommunisten müssen, in den wirren Zeiten, die kommen werden, immer mehr diese Brut von Verweigerern, Improvisierern und Konstrukteuren der revolutionären Partei bekämpfen. Wir müssen unseren bereits jahrhundertlangen Kampf fortführen, heute zweifelslos minoritär, aber lebensnotwendig, um das Morgen vorzubereiten: die Verteidigung der Theorie, die organisatorische Festigung, die internationale Verwurzelung, die Teilnahme an den Kämpfen unserer Klasse mit dem Ziel sie zu leiten und zu führen, die Formierung einer revolutionären Führung, die fortlaufende und unablässige Analyse der Fakten der Realität mit dem Licht des dialektischen Materialismus. Dies zeichnet die Partei aus und wer sie ablehnt, improvisieren oder konstruieren will, dem muss man den Mut haben zu sagen, dass er auf der anderen Seite der Barrikade steht. „Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns“.

 

Internationale Kommunistische Partei

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