WAS UNSERE PARTEI KENNZEICHNET: Die politische Kontinuität von Marx zu Lenin bis zur Gründung der Kommunistischen Internationale und der Kommunistischen Partei Italiens (Livorno 1921); der Kampf der Kommunistischen Linken gegen die Degeneration der Kommunistischen Internationale, gegen die Theorie des “Sozialismus in einem Land” und die stalinistische Konterrevolution; die Ablehnung von Volksfronten und des bürgerlichen Widerstandes gegen den Faschismus; die schwierige Arbeit der Wiederherstellung der revolutionären Theorie und Organisation in Verbindung mit der Arbeiterklasse, gegen jede personenbezogene und parlamentarische Politik.


 

Bevor die rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz im Spätsommer die Berichterstattung über die „soziale Benachteiligung“ und „Demokratiedefizite“ in Ostdeutschland bestimmten, ließ im Juni eine andere Meldung aufhorchen: Unbefristeter Streik in Leipzig gegen die geplante Betriebsschließung einer Gießerei, die u.a. Motorenblöcke für VW und Deutz produziert! Sechs Wochen wurde in Folge an den zwei Standorten des Automobilzulieferers „Neue Halberg-Guss“ mit über 2000 Beschäftigten in Leipzig und Saarbrücken gegen die geplante Schließung des Leipziger und Entlassungen am Saarbrücker Standort gestreikt.

Dieser Streik, der nach sechs Wochen von der IG Metall „ausgesetzt“ und in monatelange Schlichtungsverhandlungen überführt wurde, zeigte das Potential an Solidarität und Kampfbereitschaft, das der Arbeiterklasse innewohnt. Eine multinationale Belegschaft mit vielen Leiharbeitern verteilt auf zwei Standorte ließ sich nicht spalten, die Belegschaften anderer Betriebe und die Anwohner lieferten praktische Unterstützung und die schnelle Verbreitung findenden antikapitalistischen Parolen wurden nicht nur von der bürgerlichen Linken zur Kenntnis genommen. Auch die IG Metall, welche die Urabstimmung für den Streik organisiert hatte, der Mitte Juni von über 98% beschlossen wurde, griff diese antikapitalistische Stimmung rhetorisch auf: „Die Halberg-Belegschaft kämpft stellvertretend für alle Beschäftigten in Ostdeutschland, die sich nicht zum Spielball von mächtigen Kapitalinteressen machen wollen“, tönte der IG Metall Bezirkschef. Sofort nach Streikbeschluss wurden Streikposten aufgestellt und die Werkstore blockiert, wobei sich auch schnell das Konfrontationspotential mit der bürgerlichen Staatsmacht zeigte. Der Versuch den Abtransport bereits fertiggestellter Teile zu verhindern, wurde nach Androhung polizeilicher Räumung und gewerkschaftlicher Verhandlungen mit dem Leipziger Polizeipräsidenten von den Streikenden aufgegeben. Überhaupt wurde sich sehr auf die Frage der Legalität des Streik fokussiert, nachdem die Unternehmensführung bei zwei Gerichten eine einstweilige Verfügung gegen den Streik erwirken wollte. Um so erfreuter war die IG Metall, als sie am 34. Tag des Streiks nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hessen dessen „Rechtmäßigkeit“ feststellen konnte. Der Staat und die bürgerlichen Parteien zeigten sich nachsichtig und verständnisvoll, schließlich möchte man ja auch weiterhin das sozialpartnerschaftliche Vertrauen der Streikenden erhalten und nicht Öl ins Feuer gießen.

Der Streik der Halberg-Belegschaft traf die deutsche Automobilindustrie empfindlich. Nachdem sich dort Produktionsausfälle ankündigten, erschien am 20. Juli in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein ganzseitiger, vom Kölner Motorenbauer Deutz initiierter „Aufruf zur Beendigung des Streiks bei Halberg“. Und die IG Metall erhörte diesen Aufruf. Am 30. Juli erklärte sie den Streik für „ausgesetzt“: „Wir haben auf Deeskalation gesetzt und mit dem Vorschlag der Schlichtung die Voraussetzungen für eine konstruktive Lösung des Konflikts um einen Sozialtarifvertrag für die Beschäftigten geschaffen“, erklärte der IGM Bezirksleiter Köhlinger. Trotz einiger unzufriedener Stimmen gelang es der IG Metall, die zum Streik aufgerufen hatte, diesen, als er an Dynamik gewann, auch wieder abzuwürgen. Von Anfang an wollte die IG Metall mit der Orientierung des Streiks auf einen Sozialtarifvertrag, den Aufbau einer Transfergesellschaft und hohe Abfindungen, einen Eigentümerwechsel befördern, weg von der „bosnischen Heuschrecke“ Prevent, die Halberg im Februar aus spekulativen Gründen kaufte, hin zu einem „soliden“ Investor, der den Betrieb erhält. Für die meisten besorgten Kollegen, die nach einer vorhergehenden Insolvenz von Halberg 2009 schon etliche Verschlechterungen und Kürzungen zu verdauen hatten, die einzige reale Option zum Arbeitsplatzerhalt. Allerdings ist es nur die eigene Stärke und Kampffähigkeit, welche Entlassungen, Lohnkürzungen und verstärkte Arbeitshetze - egal von welchem Eigentümer – verhindern oder lindern kann. Für eine endgültige Lösung braucht es eine andere Gesellschaft!

Nach dem Abbrechen des Streiks durch die IG Metall wurde die von den Halberg-Kollegen erfahrene Stärke und Kampfbereitschaft durch passives Hoffen und Bangen zermürbt. Die Stärke des eigenständigen Handelns der Klasse auf dem Weg zur klassenkämpferischen, gewerkschaftlichen Selbstorganisierung wurde ersetzt durch die Passivität und Frustration befördernde Stellvertreterpolitik der Staatsgewerkschaften. In einem Interview in der Zeitschrift analyse und kritik 641 vom 18.9. beschrieb der Gewerkschaftssekretär Michael Knopp die Situation bei Halberg in Saarbrücken und rechtfertigt die gewerkschaftliche „Geheimdiplomatie“: „Mein Eindruck ist, dass die Stimmung im Moment anders ist als vorher. Die Leute lassen sich nicht mehr so leicht herumkommandieren. Gleichzeitig gibt es natürlich Unruhe, denn die Schlichtung dauert jetzt schon vier Wochen. Und während der Verhandlungen werden sehr viele Hintergrundgespräche geführt. Da können die Verhandlungsführer nicht alles kommunizieren, was sie wissen.“ Die Belegschaften in Leipzig und Saarbrücken wurden von der Gewerkschaft noch einmal (getrennt!) am 19. und 20. September zu einem auf 24 Stunden befristeten Streik mobilisiert, um die Schlichtungsverhandlungen unter Leitung des ehemaligen Vizepräsidenten des Arbeitsgerichts Mannheim Jordan zu unterstützen, nachdem die Prevent-Gruppe diese unter Drohungen verlassen hatte. Die Saarländischen Kollegen wurden dabei vor den dortigen Landtag mobilisiert, um die Unterstützung der Politik zu fordern.  Was für diese auch gleich ein Anlass war, um die Belegschaft zu spalten (SPD Staatssekretär Barke forderte den Erhalt nur des Saarbrücker Standortes) bzw. auf den Staat zu orientieren (Linkspartei-Lafontaine forderte eine Verstaatlichung von Halberg).

Die Entwicklung des Kampfes bei Halberg ist ein Musterbeispiel dafür, wie die teilweise auch durch (links-)gewerkschaftliche Aktivität erst entfesselte proletarische Kampfbereitschaft wieder eingefangen und gelähmt wird im staatsgewerkschaftlichen Ko-Management. Statt klassenbewußter Stärke wird so staatsbürgerliche Resignation hervorgerufen. Dazu tragen auch die Aktivitäten der bürgerlichen Linken, der Trotzkisten und Stalinisten bei, welche in den Arbeiterkämpfen nur Mobilisierungsinstrumente für ihre eigene bürgerliche Politik und letztendlich systemkonformen Konzepte sehen. Hier seien exemplarisch nur die Trotzkisten von RIO erwähnt, welche den Streik bei Halberg intensiv online begleiteten und sich als linker Flügel der Linkspartei gebärdeten, indem sie die Verstaatlichungs-Forderung von Lafontaine positiv aufgriffen, um anzumerken: „Das kann man schon machen, es wäre evtl. ein Fortschritt zur jetzigen Situation. Eine nachhaltige Lösung kann das aber nicht sein. (…) Wenn wir von Enteignung sprechen, meinen wir: die Betriebe unter Kontrolle der Arbeiter*innen stellen.“ („Klasse gegen Klasse“ vom 28.6.) Statt einer revolutionären Kritik am System der kapitalistischen Warenproduktion werden Illusionen in eine Arbeiterselbstverwaltung innerhalb des Kapitalismus geschürt. Die stalinistische MLPD wiederum ruft die Kollegen in einer Solidaritätserklärung auf, dem von ihr initiierten „Internationalistischen Bündnis“ beizutreten und antifaschistisch aktiv zu werden: „Neben eurer Forderung 'Erhalt aller Werke bei Halberg Guss' unterstützen wir daher die Forderung 'Weg mit dem geplanten neuen Polizeiaufgabengesetz'. Gegen die u.a. in diesen Gesetzen zum Ausdruck kommende Rechtsentwicklung der Regierung aktiv zu werden, fordert jeden von uns heraus.“ Für diese famosen „Kommunisten“ sind also die Streiks und Arbeiterkämpfe nicht mehr „Schulen des Klassenkampfes“, in denen das Proletariat Kraft und Stärke für seine revolutionären Aufgaben gewinnt bzw. sich erst als Klasse konstituiert, sondern Teil bürgerlich-demokratischer Mobilisierungen für eine andere Regierungspolitik. Damit tragen sie dazu bei, die Klasse im Gefängnis der staatsbürgerlichen Ideologie zu halten.

Während die dumpfe und ziellose soziale Unzufriedenheit von rechten Politikern und militanten Nazis in rassistischen Mobilisierungen, wie wir sie zuletzt in Chemnitz gesehen haben, kanalisiert wird, sind es die Staatsgewerkschaften und linken Politiker, die das erwachende proletarische Klassenbewusstsein liquidieren bzw. in den Staat integrieren!

 

Internationale Kommunistische Partei

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.