WAS UNSERE PARTEI KENNZEICHNET: Die politische Kontinuität von Marx zu Lenin bis zur Gründung der Kommunistischen Internationale und der Kommunistischen Partei Italiens (Livorno 1921); der Kampf der Kommunistischen Linken gegen die Degeneration der Kommunistischen Internationale, gegen die Theorie des “Sozialismus in einem Land” und die stalinistische Konterrevolution; die Ablehnung von Volksfronten und des bürgerlichen Widerstandes gegen den Faschismus; die schwierige Arbeit der Wiederherstellung der revolutionären Theorie und Organisation in Verbindung mit der Arbeiterklasse, gegen jede personenbezogene und parlamentarische Politik.


 

Die sogenannte „Nationale Frage“ wird heute durch kleine politische Banden und echte Seiltänzer wieder ausgegraben, im vollständigen Chaos und im Mief eines politischen Opportunismus, der überhaupt nicht in der Lage ist, sich dem Opportunismus des letzten Jahrhunderts zu stellen, als Sozialdemokratie und Stalinismus auf die Proletarier einschlugen.

Und das nicht nur in der bunten Welt der „Medien“ oder des „Netzes“, sondern in der realen Welt von Gruppen mit national-“kommunistischer“ Herkunft in allen Ländern: neu aufgefrischte Stalinisten, Neosituationisten, Rot-Braune, Trotzkisten, Kommunitaristen usw., die versuchen, den proletarischen Aufstand fernzuhalten, geben sich zum Spiel in die Arena bürgerlicher Politik, ausgerechnet während die Krise des Kapitalismus chronisch wird und unsere Klasse etwas ganz anderes benötigen würde. Auf der anderen Seite: präsentiert sich die Tragödie nicht als Possenspiel, in der nochmaligen Aufführung der Geschichte?

Die proamerikanischen Hofnarren, beispielsweise (Anhänger einer nationalen Souveränität, Populisten, Liberale und Protektionisten) und die Partisanen der „russischen Salatschüssel“ (im baltischen und kaukasischen Gebiet, im Donbas und der Krim) dienen der Ablenkung, um ein Proletariat zu desorientieren, das sich noch immer damit abmüht, aus den Trümmern von entsetzlichen historischen Niederlagen, von blutigem Verrat, hervorzukommen. Den imperialistischen Bourgeoisien reichte es nicht aus, das Puzzle der Völker zu zerlegen und neu zusammenzusetzen: es war ebenso notwendig, die sogenannten Nationen, die künstlich geschaffenen Staaten, mit pseudo-ethnischen Vertreibungen durcheinanderzuwirbeln, dort, mit Hilfe von direkten Kriegen oder per Zwang, Rohstoffströme zu erschließen, Waffen, Drogen, Währungs- und Finanzmittel, echte Autobahnen für den immensen imperialistischen Verkehr...

Hier sind wir also, von Neuem, um den verfaulten Überresten der sogenannten „Nationalen Frage“ entgegenzutreten, weil sich die Schauplätze immer mehr ausweiten und sich die blutigen Rampenlichter des Mittleren Ostens wieder entzünden. Die Frage ist deshalb: ist das Postulat des Selbstbestimmungsrechtes der Völker in der aktuellen historischen Situation noch aktuell, wo die Phase der bürgerlichen Revolutionen und der doppelten Revolutionen abgeschlossen ist, wo die historisch-sozialen Bedingungen für eine „rein proletarische“ Revolution gegeben sind, nicht nur in Europa, sondern auf der gesamten Welt. Für uns ist die Antwort klar: NEIN. Aber wir können uns nicht auf das Einsilbige beschränken. Stattdessen kommen wir auf die Positionen von Lenin 1914 kurz zurück:

„Vor allem […] die Notwendigkeit, zwei unter dem Gesichtspunkt der nationalen Bewegungen grundverschiedene Epochen des Kapitalismus streng zu unterscheiden. Zunächst ist das die Epoche des Zusammenbruchs des Feudalismus und Absolutismus, die Epoche der Herausbildung der bürgerlich-demokratischen Gesellschaft und des bürgerlich-demokratischen Staates, die Epoche, in der die nationalen Bewegungen zum erstenmal zu Massenbewegungen werden und so oder anders alle Klassen der Bevölkerung durch die Presse, durch die Teilnahme an den Vertretungskörperschaften usw. in die Politik hineinziehen. Dann aber haben wir es zu tun mit der Epoche der völlig herausgebildeten kapitalistischen Staaten mit einer seit langem eingebürgerten konstitutionellen Ordnung, mit stark entwickeltem Antagonismus von Proletariat und Bourgeoisie – einer Epoche, die man als den Vorabend des Zusammenbruchs des Kapitalismus bezeichnen kann.

Für die erste Epoche ist typisch, daß die nationalen Bewegungen erwachen und die Bauernschaft als die zahlreichste und am schwersten in Bewegung zu bringende Bevölkerungsschicht im Zusammenhang mit dem Kampf für politische Freiheit im allgemeinen und für die Rechte der Nationalität im besonderen in diese nationalen Bewegungen hineingezogen wird. Für die zweite Epoche ist typisch, daß bürgerlich-demokratische Massenbewegungen fehlen, während der entwickelte Kapitalismus, der die schon völlig in den Handelsverkehr einbezogenen Nationen einander immer näher bringt und immer mehr vermischt, den Antagonismus zwischen dem international verfilzten Kapital und der internationalen Arbeiterbewegung in den Vordergrund rückt. Gewiß ist die eine Epoche von der anderen nicht durch eine Mauer getrennt, sondern sie sind durch zahlreiche Zwischenglieder miteinander verbunden, wobei die einzelnen Länder sich noch in dem Tempo der nationalen Entwicklung, in der nationalen Zusammensetzung der Bevölkerung, ihrer Verteilung usw. usf. unterscheiden. Es kann keine Rede davon sein, daß die Marxisten eines bestimmten Landes an die Aufstellung ihres nationalen Programms schreiten, ohne alle diese allgemeinen historischen und konkreten staatlichen Bedingungen zu berücksichtigen.“ Und etwas weiter unten fügt er hinzu: „ In den meisten westlichen Ländern ist sie schon längst gelöst. Es ist lächerlich, in den westlichen Programmen Antwort auf dort nicht existierende Fragen zu suchen.“1

So also Lenin. In Bezug auf die „Nationale Frage“ stellt sich ganz klar die Frage: Muss das „Selbstbestimmungsrecht der Nationen“ in den Mehrvölkerstaaten heute im Programm der Partei der Weltrevolution vorkommen? Ist es noch möglich, die Taktik der „demokratischen Diktatur des Proletariats im Bündnis mit den armen Bauern“ wiederaufzunehmen (die „doppelte Revolution“ oder die „wirkliche Volksrevolution“)? Welches sind die historisch-konkreten Besonderheiten, wie Lenin sagen würde, die uns noch verpflichten würden, diese Losung in unserem Programm beizubehalten? Welche historisch-konkreten Besonderheiten würden uns auf weltweiter Ebene verpflichten, genauso, die Thesen von Baku wiederaufzunehmen, notwendig zur Zeit der Kommunistischen Internationalen in seinem II. Kongress von 1920? Die Internationale in der Zeit der ersten Kongresse hatte damals die Notwendigkeit, sich mit den Themen der „Nationalen Frage“ auseinanderzusetzen: damals war diese Frage in einem immensen Teil der Welt offen und die „doppelte Revolution“ stand noch auf der Tagesordnung. Die Epoche, in der wir leben, ist stattdessen diejenige, in der die Nationale Frage historisch nicht mehr auf der Tagesordnung steht. Sie ist durch eine Komplexität von historischen Verläufen gekennzeichnet, aber die Richtung dieser Bewegung ist vorgezeichnet und die häufig widersprüchlichen Ereignisse, die eintreten können, können ihren Verlauf nicht verändern. Es geht hier nicht um die ökonomische Unabhängigkeit der Nationen, die in der Epoche des Imperialismus niemals möglich ist, sondern um die formale Unabhängigkeit der Nationalstaaten in den verschiedenen Gebieten der Welt, in welchen die Frage des Rechts auf Lostrennung eine positive Rolle spielte, als dort Mehrvölkerstaaten existierten. Das internationale Proletariat in seinem Klassenkampf gegen den Kapitalismus hat die Forderung nach formaler Unabhängigkeit eines Staates immer als fundamental betrachtet, sicher nicht um ihn aufzubauschen, aber als Voraussetzung um ihn niederzureißen, vor allem in Gegenwart des „lokalen“ Proletariats, das bereits durch die Produktivkräfte aufgerüttelt wurde.

Wir können vor allem nicht die Wichtigkeit vergessen, die noch heute die „unreinen“ Widersprüche in einigen Gebieten der Welt und selbst im „fortschrittlichen“ Westen haben: sprich dass sie sich nicht auf die zwischen industriellem Kapital und Lohn-Proletariat beschränken (nebensächliche nationale Bewegungen, übriggebliebene Bewegungen der Bauern). Die Frage ist: können diese Widersprüche, nebensächlich in der realen Dynamik der derzeitigen Geschichte, in den Kräfteverhältnissen zwischen den Hauptklassen die revolutionäre Bewegung des Proletariats voranbringen? Können sie zumindest ein Potential haben, entsprechend dem der Heldentaten der „farbigen Völker“ in der Phase nach dem 2. Weltkrieg? Gegenüber einer „reinen Dynamik“, in der einzig und allein die beiden verfeindeten Klassen offen gegenübergestellt wären, das Proletariat und die Bourgeoisie, würde uns nichts übrig bleiben als die nebensächlichen Dynamiken zu vernachlässigen. Andererseits, wer könnte die Massen an Bauern in Afrika und Asien vernachlässigen (das selbe in China und Indien), die vor allem immer weniger in der Lage sind, „agrare Bewegungen“ zu schaffen, und die ethnisch-nationalen Kämpfe, die unter dem Stoß der innerimperialistischen Zusammenstöße umgekippt werden könnten? Außerdem, innerhalb der Widersprüche, wie kann man die Kraft der Mittelklassen und der Arbeiteraristokratie in der imperialistischen Phase ignorieren, in der Lage eine umfassend reaktionäre Front zu konstituieren, indem sie gerade die ethnischen, religiösen, nationalen Bestrebungen ausnutzen? Und könnte der mächtige Marsch nach vorne desselben Proletariats morgen nicht, im Laufe des revolutionären Bürgerkrieges, einen Mitnahmeeffekt haben, derartig, die Massen, auch die rückständigsten, in eine entgegengesetzte Richtung mitzureißen?

Mit dem Ende des alten Kolonialismus und der Entstehung des modernen Imperialismus haben sich alle Großmächte stark darum bemüht, aus den Schwierigkeiten der Verwaltung der besetzten Territorien und der erzwungen Annektionen herauszukommen. Diese haben sie in ökonomische und politische „Vereinbarungen“ umgewandelt: in Wirklichkeit schamlose Allianzen und materielle und finanzielle Unterwerfungen. Das „Selbstbestimmungsrecht der Völker“, kommt, wie wir wissen, von oben von der Generalversammlung der Uno; „die Gleichheit der Nationen“ ist universell in Kraft getreten; die Anerkennung, sich zu trennen, wenn es den Interessen der Bourgeoisie dient, wurde jetzt erfolgreich durchgesetzt: die diffuse ideologische Hinterlassenschaft der imperialistischen Bourgeoisie ist nun in der politischen Gesellschaft und der weltweiten Ökonomie dominierend. Die letzten Ereignisse auf dem Balkan attestieren, dass die Zerfallskräfte von Ex-Jugoslawien (seine Balkanisierung, wie im 19. Jahrhundert) ein Produkt der Machtpolitik von Deutschland und den USA war, des ultra-entwickelten Westens. Es sind die Großmächte, die Feuer auf das Pulver der territorialen Spaltungen (Kroatien, Slovenien, Bosnien, Kosovo usw.), die sich „Nationen“ nennen, gegeben haben. Dies kaschiert nicht, dass nicht anderswo das „Recht auf Abspaltung“ der Minderheiten durch die eine oder andere Bourgeoisie niedergeschlagen wird, durch das Großbürgertum wie das Kleinbürgertum (Nord-Irland, Baskenland, Tschetschenien, Kurdistan, Palästina, Tibet, zu viele um alle aufzuzählen). Und nicht nur dort. In der Aufzählung fehlen kleine nationale Gruppen, Überreste des alten Kolonialismus, verflochtene territoriale Gebilde im Gespinst von mehreren Nationen, Grenzzonen, aus denen sich die lokalen Kriege speisen, ohne Möglichkeit einer realen Mündung. In Zentralafrika findet sich ein Gewirr von Völkern, von Staaten, von ethnischen Gruppen. Aber das verhindert nicht, dass die verschiedenen fingierten, erfundenen und neukonstruierten Staaten imperialistische Brückenköpfe wären, deren antiproletarische Gewalt um nichts geringer ist als jene der supermächtigen Staaten. Es reicht, einen Blick auf den Mittleren Osten zu werfen! Aber unter den National-Kommunisten gibt es immer jemanden, der ein „sozialistisches Vaterland“ heilig findet, versunken im Erdöl (Venezuela) oder kandiert im Zucker (Kuba).

„Überreste“: sprich, unbedeutende Wirklichkeit, ihre Lösung beeinflusst wenig oder gar nicht die Dynamik des gesamten Klassenkampfes (weltweit, kontinental). Und, vor allem, kann vielleicht die Neubeurteilung des Postulats der Selbstbestimmung der Völker in den Grenzen, in denen es in der Vergangenheit gestellt wurde, deshalb die „Nationale Frage“ von selbst verschwinden lassen? Nein. Es gibt die, in der „Linken“, die einer pseudo-proletarischen, möglichen Zukunft des „antiimperialistischen Krieges“ vertrauen, zur Unterstützung der „sozialistischen Vaterländer“. Die vaterländische Identitätsmarke stärkt, unterstützt und tauft andererseits sowohl das Großbürgertum als auch das Kleinbürgertum von rechts und links, nicht zu vergessen Anarchisten und Proudhonisten (und, nicht zuletzt, „Lokalpatrioten“ und „Regionalisten“). Für die Kommunisten ist jedes Vaterland, real, fingiert, ethnisch, eingeschlossen „der Insel, die es in der kapitalistischen Gesellschaft nicht gibt“ eine Zugehörigkeitsmarke, eingebrannt auf der proletarischen Haut: die proletarische Revolution beseitigt diese Zugehörigkeitsmarke der Proletarier zur Nation, die eins ist mit dem Kapital, dem Betrieb, mit dem Eigentümer und dem Berufsgewerkschaftler. Die sogenannte „Nationale Frage“ ist ein „Problem“ des internationalen Klassenkampfes: ein Problem, das es zu lösen gilt und nicht zu liquidieren. Die Realität des Kapitals wird natürlich voll von Widersprüchen sein, aber die Aufgabe der kommunistischen Revolution ist es, sie diktatorisch und definitiv zu beseitigen.

Das Proletariat darf sich nicht länger die nationalistischen Überreste aufbürden lassen, mit der Illusion, sie könnten eine Startrampe für die sozialistische Revolution werden (die nordirländische, baskische, katalanische, slawische, palästinensische, kurdische, tschetschenische, ukrainische Frage usw.). Dies sind echte verfaulte Überreste. Das revolutionäre Proletariat kämpft in einem Horizont von 360 Grad, ohne nationalistische Einschränkung, und findet dort keine „unterdrückte Bourgeoisie aus anderen historischen Phasen“, keine Wiederaufstellung eines „Rechts auf Selbstbestimmung“ oder auf „Lostrennung“, um den Weg der proletarischen Revolution zu beschleunigen, weil das Problem sowohl quantitativ als auch qualitativ längst „jenseits von Raum und Zeit“ ist. Das soll nicht heißen, dass diese Bewegungen von kleinbürgerlicher Natur keinen Raum für zaghafte und unwesentliche Kämpfe bieten können, die den sich lokal gebildeten Widersprüchen geschuldet sind, im Verlauf von Kriegsbesetzungen. Die Gründe sind jedoch andernorts. Selbst die Explosion des ersten weltweiten Konfliktes hatte ihren Grund nicht auf dem Balkan, wie aber behauptet wurde, mit all dem Aufmarsch von fiktiven balkanisch-ethnischen Gebilden; und noch weniger war der 2. Weltkrieg in den nicht klar festgelegten italienischen, polnischen, französischen, tschechischen, österreichischen Grenzen begründet, sondern in den äußerst komplexen Destruktivkräften, die die imperialistischen Mächte angehäuft hatten.

Der grundlegende Motor findet sich im tödlichen Kampf zwischen Kapital und Arbeit. Sich vorzustellen, dass das Kleinbürgertum, „heute“ angeblich unterdrückt, als Zündkraft der revolutionären proletarischen Bewegungen dienen kann (die einzige Sache, die uns interessieren würde), ist, wie Lenin schrieb, eine sehr naive und gefährliche Illusion: die Zündkraft ist zu schwach geworden, hinsichtlich auf gesamt Westeuropa bis 1871 und seit 1905 in Osteuropa, in Asien und in Afrika. Heute ist diese Phase bereits auf weltweitem Niveau abgeschlossen. Eine revolutionäre Bourgeoisie, die einen Krieg, offensiv, aggressiv, revolutionär, demokratisch führt, wie die Bismarksche vor dem französisch-preußischen Krieg von 1870-71, existiert nicht und wird nicht mehr existieren: die Anstrengungen, die Italien und Deutschland aufbringen mussten, um sich als Nation zu konstituieren, zeigen heute die Unmöglichkeit, im Gesamtbild der heutigen Realität (ökonomisch, politisch und militärisch) einen neuen nationalen Epos zu begünstigen und folglich irgendeine Möglichkeit des Proletariats, die politisch-sozialen Widersprüche auszunutzen und diese in eine permanente Revolution zu transformieren, wie es im Kommunistischen Programm von 1848 geschrieben wurde. Der Schwung der „Farbigen Völker“, gegen den die imperialistische Bourgeoisie als Kolonialistin die eigene Kraft entgegensetzte, verkleidet als „Kalter Krieg“ zwischen imperialistischen Kolossen (die in Jalta die eigenen Einflusszonen ausgehandelt hatten), wurde hart unterdrückt und befriedet aufgrund der Sorge, dass andere junge Bourgeoisien auf der historischen Szene auftauchen könnten, um ihre eigene Kriegsbeute in der Welt einzufordern.

Das internationale Proletariat kann sich nicht mehr irgendeine nationale Forderung auf die Schulter laden. Es kann in einem Mehrvölkerstaat weder die an erster Stelle unterdrückte Nation (oder das Sprachrohr der Bourgeoisie), die am stärksten betroffene, noch offensichtlicherweise die herrschende Nation unterstützen, weil es damit die Verteidigung der Existenz- und Lebensbedingungen der Klassenbrüder, der Proletarier, negieren würde – indem es Privilegien, Rassismen, Spaltungen durch die zwei „feindlichen“ Bourgeoisien unterstützen würde. Befindet sich das Proletariat (und die Masse derjenigen, die nichts zu verlieren haben) jedoch in der Rolle der „unterdrückten Nation“, dann muss es sich erheben, um seine eigene Klassendiktatur gemeinsam mit dem Proletariat der „herrschenden Nation“ zu errichten, mit der Losung „Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“ und mit der Taktik des revolutionären Defätismus gegen die zwei Bourgeoisien. Es gibt noch unterdrückte ethnische Gruppen: ökonomisch marginale Überreste, Anwärter zu lokalem und kulturellem Föderalismus und Autonomie, als Auswirkungen von alten oder kürzlichen imperialistischen Neuaufteilungen. Es gibt Kriegsbesetzungen, wie in Palästina, auf der Haut des palästinensischen Proletariats, des arabisch-israelischen, und der elendigen Flüchtlinge der Nakba: Besetzungen, die das palästinensische Groß- und Kleinbürgertum nicht in Frage stellen, das sich seinen ökonomisch lebensnotwendigen Raum ausschneidet, mit dem Rückhalt der herrschenden israelischen Bourgeoisie. Es gibt Ausschnitte der politisch gezeichneten Karte, erst durch den Kolonialismus, dann durch den Imperialismus im gesamten Mittleren Osten, wie Kurdistan, die in neue und alte Teilungen auseinanderbrechen, die sich auf die Gesamtheit derselben „unterdrückten Nation“ auswirken: iranische, irakische, syrische, türkische Kurden, die sich politisch und ökonomisch das aufteilen, was von einem Gebiet übrigbleibt, das sich als „kurdische Nation“ formieren müsste, wie sich das gesamte Territorium von Algerien bis an die Türkei als „arabische Nation“ formieren müsste. Und der lateinamerikanische Traum einer einheitlichen Nation von Kolumbien bis Chile, wo ist er zu Ende? Unterdrückte und/oder Unterdrücker, diese Populationen sind das Resultat von Unterteilungen und gemeinsamen Zugriff der Einflusssphäre nicht nur des Imperialismus (die USA in erster Linie), sondern der eigenen einheimischen Bourgeoisie: weitere territoriale Ausschnitte, die schon die Durchsetzung einer vollständig kapitalistischen Ökonomie gesehen haben. Im selben Territorium lebt ein materiell und geistig unterdrücktes Proletariat, das nicht mehr auf eine nationale noch auf eine ethnische Befreiung wartet, sondern auf eine gesellschaftliche Befreiung von der Klassenausbeutung: unterdrückt in solchem Maße, dass es nicht mehr gelingt, aus der eigenen Brust ein Bewusstsein für die eigenen simplen Überlebensinteressen herauszuschälen.

Es bleibt unsere Revolution, die vorbereitet, begleitet und zum Abschluss gebracht werden muss: die Perspektive ist nicht weit, wenn sich sogar das ägyptische Proletariat in den Textilfabriken und in den Kampagnen Gehör verschafft hat... Im sogenannten „arabischen Frühling“, hat das Proletariat versucht, die Ausbeutung abzuschütteln, die nicht nur von der imperialistischen Bourgeoisie praktiziert wird, sondern von derselben industriellen und agrarischen National-Bourgeoisie und von ihren konfessionellen Varianten. Durch den Krieg unterdrückt, durch die Emigrationen gezwungen, durch die Auffanglager, durch den Hass des Kleinbürgertums und des Subproletariats, durch die religiösen Machthaber präsentiert sich das Proletariat, in seiner materiellen Realität, ohne Vaterland und ohne Reserven, in der Willkür des konterrevolutionären Sturms. Das Proletariat von diesem Gebiet ist auf der Suche nach der eigenen Klasse, nach der „Brüderlichkeit der Erniedrigten und Beleidigten“ und erweitert dabei seinen Horizont. Diese Bindung konstituiert tatsächlich die Voraussetzung der weltweiten Revolution, sowohl in den ultra-entwickelten Ökonomien also auch in den Ökonomien, die die Grenze des eigenen Überlebens noch nicht überschritten haben.

1

„Über das Selbstbestimmungsrecht der Nationen“, LW 20, Seite 403-404, 408

 

Internationale Kommunistische Partei

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