WAS UNSERE PARTEI KENNZEICHNET: Die politische Kontinuität von Marx zu Lenin bis zur Gründung der Kommunistischen Internationale und der Kommunistischen Partei Italiens (Livorno 1921); der Kampf der Kommunistischen Linken gegen die Degeneration der Kommunistischen Internationale, gegen die Theorie des “Sozialismus in einem Land” und die stalinistische Konterrevolution; die Ablehnung von Volksfronten und des bürgerlichen Widerstandes gegen den Faschismus; die schwierige Arbeit der Wiederherstellung der revolutionären Theorie und Organisation in Verbindung mit der Arbeiterklasse, gegen jede personenbezogene und parlamentarische Politik.


 

Es verwundert nicht, dass die imperialistischen Machthaber jeden ihrer Kriege mit mehr oder weniger hehren politischen Zielen verkleiden (wahlweise wird „die Freiheit“ verteidigt, „entnazifiziert“ oder ein angeblicher Völkermord verhindert). Als Marxisten wissen wir allerdings, dass es unabhängig von ideologischen Postulaten und politischen Vorlieben um systemische Notwendigkeiten des in die Krise gekommenen kapitalistischen Systems geht.

Der aktuelle Krieg ist kein Kreuzzug für oder gegen die Demokratie sondern ein Ausdruck innerimperialistischer Konkurrenz. Und dies wird ja auch zwischen allem Menschenrechtsgesäusel relativ offen ausgesprochen, wenn z.B. die deutsche Außenministerin Baerbock von einer „wertegeleiteten Außenpolitik“ spricht, die „gleichzeitig Werte und wirtschaftliche Interessen verteidigen“ soll und angesichts des aktuellen Krieges offen im Fernsehen posaunt: „Russland dürfe wirtschaftlich auf Jahre nicht mehr auf die Beine kommen“.

Die idealistische und opportunistische Betrachtung des Krieges, die nicht nur der bürgerlichen Propaganda aufsitzt, sondern im Kriegsgemetzel vermeintliche taktische Handlungsspielräume für den gesellschaftlichen Fortschritt ausloten will, verkennt das Wesen des imperialistischen Krieges. Egal welche Seite den Krieg gewinnt, es setzen sich universell die politisch-ökonomischen Notwendigkeiten der kapitalistischen Herrschaft durch. Je stärker die Krise des kapitalistischen Systems wird und je umfangreicher seine kriegerischen Lösungsstrategien zu Tage treten, um so mehr nehmen Gleichschaltung und Repression in allen Ländern zu. Es ist bestenfalls eine peinliche Illusion, diese autoritäre Entwicklung im Rahmen der bürgerlichen Politik aufhalten zu wollen, während man in Wirklichkeit dadurch gerade Teil dieser Formierung wird, wie es viele ehemalige „linke Kriegsgegner“ heute nur zu deutlich zeigen.

Gegen den imperialistischen Krieg kann es keine taktische Haltung der Arbeiterklasse geben. Der konsequente proletarische Internationalismus und revolutionäre Defätismus sind die einzig mögliche Aufgabe. „Diese Aufgabe findet ihren richtigen Ausdruck nur in der Losung: Umwandlung des imperialistischen Krieges in den Bürgerkrieg, und jeder konsequente Klassenkampf während des Krieges, jede ernsthaft durchgeführte Taktik von 'Massenaktionen' muss unvermeidlich dazu führen.“ (Lenin, Sozialismus und Krieg, LW 21, S.315)

Opportunisten und Kriegslinke

Zu welcher Konfusion ein Abweichen von dieser klaren Position führt, zeigt sich aktuell u.a. in einer Erklärung der sog. Antikapitalistischen Linken in der Linkspartei für einen „antimilitaristischen Defätismus“ (Dokumentiert in junge welt vom 9.6.22). Den Anspruch vertretend, sich nicht auf die Logik der Kriegspolitik einzulassen, tun es diese trotzkistisch inspirierten Realpolitiker dann doch, wenn sie auch dem erklärtermaßen bürgerlichen Staat Ukraine das „Recht auf Selbstverteidigung“ einräumen, „Art und Umfang der Unterstützung der Ukraine“ aber von „den zu erwartenden Erfolgschancen“ abhängig machen wollen. Um die Spirale der Gewalt (die sie nicht systemimmanent verorten) zu durchbrechen, fordern sie statt Waffenlieferungen, dass der Krieg „schnell am Verhandlungstisch beendet wird“. Es geht nicht gegen alle Kapitalisten und um die Vorbereitung der Weltrevolution, sondern um das Einspannen der Arbeiterklasse ins Geschäft der bürgerlichen, den Krieg ergänzenden Diplomatie. Noch erschreckender war ein im Mai in Lwiw / Lemberg stattgefundenes „linkes Solidaritätstreffen“, zu dem die dortige Organisation „Sotsialny Rukh“ eingeladen hatte. Grundlage dieses „linken Solidaritätstreffens“ war die vermeintliche Notwendigkeit der militärischen Verteidigung der Ukraine. Internationale Klassensolidarität, die ja auch die Arbeiter_innenklasse in Russland einschliesst, war offensichtlich nicht im Sinne dieser vermeintlichen Antiautoritären und Anarchisten, deren Vertreter erklärte: „Mit einer militärischen Niederlage der Ukraine hätten auch alle anderen Formen des Aktivismus keinen Sinn mehr, ein politisches Leben wie bisher ist dann nicht mehr möglich.“ (ak 682 v. 17.5.22, S.14) Noch deutlicher wird der widerwärtige Nationalismus dieses „antiautoritären Anarchisten“, wenn er erhellend die linkskapitalistischen Reiseaktivist_innen auf eine klassenlose nationale Identität einschwört: „Wenn du wirklich ein Linker bist, dann höre den Menschen vor Ort zu und versuche zu verstehen, dass die Ukrainer_innen ihre eigene Subjektivität haben.“ (ebenda)

Dass die Anarchist_innen, die in der Ukraine mit eigenen Einheiten der Territorialverteidigung mit den offen faschistischen Asow-Einheiten in einer Frontlinie stehen, offensichtlich besonders anfällig für den nationalistischen Kriegstaumel sind, liegt sicherlich in dieser subjektivistischen und individualistischen Haltung. Befreit von einer proletarischen Klassenposition, bar jeder materialistischen Analyse und ohne den Kompass einer im historischen Klassenkampf geschärften Strategie und Taktik finden sich diese Anarchist_innen in der Stunde des Krieges an der Seite des sonst so verhassten Staates wieder und schrecken dort auch nicht vor der Denunziation von Antikriegsaktivist_innen zurück. Gegen eine solche Kriegsunterstützung light wollen wir ebenfalls Lenin zitieren, der 1914 klar erklärte: „Die Interessen der Arbeiterklasse und ihres Kampfes gegen den Kapitalismus erfordern volle Solidarität und unlösbare Einheit der Arbeiter aller Nationen, sie erfordern Gegenwehr gegen die nationalistische Politik der Bourgeoisie, welcher Nationalität sie auch sei. (…) Dem Lohnarbeiter, der sich seiner Klasseninteressen bewusst geworden ist, sind die staatlichen Privilegien der großrussischen Kapitalisten ebenso gleichgültig wie die Versprechen der polnischen oder ukrainischen Kapitalisten, die das Paradies auf Erden verheißen, wenn sie selbst staatliche Privilegien erlangen.“ (LW Bd. 20, S.428)

Für die proletarische Klassenaktion

Auch wenn wir heute von proletarischen Massenaktionen nur träumen können und die Arbeiter_innenklasse die herrschende Kriegspolitik weitgehend hinnimmt – wenn auch nicht mit der von den bürgerlichen Medien herbeigeschriebenen und von der Regierung gewünschten Kriegsbegeisterung – so wird der Klassenantagonismus gerade in der Krisen- und Kriegspolitik deutlich. Es sind nicht nur die schwindelerregenden Militärausgaben, die die Kassen der Rüstungskonzerne füllen und letztendlich von der Arbeiter_innenklasse durch Steuern und Sozialkürzungen bezahlt werden müssen, es sind vor allem die akut steigenden Preise und sinkenden Löhne, die die Lebensbedingungen der Lohnabhängigen drücken. Eine Inflationsrate von in Deutschland ca. 8 Prozent (bei Lebensmitteln sogar 11 Prozent und bei den Energiepreisen 38 Prozent) lässt bei denen, die sowieso schon jeden Euro umdrehen müssen, keinen Platz für ein „Gürtel enger schnallen“ um „Putin zu stoppen“, wie es die grünen, gelben und schwarzen Parteien der Besserverdienenden propagieren. Der konsequente Kampf gegen die Verschlechterung der Lebensbedingungen ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Bourgeoisie ist das Terrain, auf dem eine wirkliche Kraft gegen den Krieg entstehen kann. Nicht mit dem Abarbeiten an der bürgerlichen Kriegspropaganda oder gar diplomatischen Ratschlägen für eine „Friedenspolitik“, sondern nur durch die Vorbereitung der proletarischen Klassenaktion kann der imperialistischen Kriegspolitik entgegengetreten werden.

Ein Hindernis, das sich der notwendigen Entwicklung der Klassenaktion entgegenstellt, sind allerdings die DGB-Gewerkschaften. Als ein Produkt des korporativistischen Klassenkompromisses und Instrument der staatlichen Kontrolle über die Arbeiterklasse ist sich der DGB auch angesichts des Krieges seiner Verantwortung für den „Standort Deutschland“ und den „sozialen Frieden“ bewusst. So sprach z.B. der DGB Bundeskongress im Mai seine Unterstützung für die Rüstungspolitik der Bundesregierung aus, bzw. „ihr Bestreben einen substanziellen Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit im Rahmen von NATO und EU“ zu leisten. Gleichzeitig zeigen sich die DGB-Gewerkschaften äußerst zurückhaltend, in ihrer Tarifpolitik gegen den inflationsbedingten Lohnraub vorzugehen. „Die aktuell explodierenden Preise mit Steigerungsraten von 7,3 Prozent sind mit Tarifpolitik nicht mehr aufzufangen“, erklärte z.B. die IG Metall im April. Und Verdi Tarifpolitiker halten allen Ernstes die Durchsetzung von 4 Prozent Lohnanstieg in kommenden Tarifrunden für ein gutes Ergebnis und unterstützen damit offen den Lohnraub.

Es sind die Hürden der allumfassenden nationalistischen und militaristischen Propaganda, der gewerkschaftlichen Kontrolle und nicht zuletzt der staatlichen Repression, die die Entwicklung des proletarischen Klassenkampfes so schwierig machen. Um diese Hürden zu nehmen, bedarf es der Klarheit der marxistischen Theorie nicht nur in der Frage des Krieges und natürlich der Klassenpartei des Proletariats.

Internationale Kommunistische Partei, Juni 2022

INTERNATIONAL COMMUNIST PARTY PRESS
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