IGM Tarifrunde 2018: Scheinerfolg 28 Stundenwoche und ein mageres Ergebnis


„Niemand hat Lust auf einen großen Arbeitskampf.“ (Jörg Hofmann, Vorsitzender der Gewerkschaft IG Metall). Dieser Satz sagt bereits viel über den Tarifkonflikt der IG Metall in Metall- und Elektrobranche in Deutschland, der vor allem durch das Schlagwort der „28 Stundenwoche“ eine breite öffentliche Aufmerksamkeit erfahren hat.

Nach erfolglosen Verhandlungen im Januar 2018 sollte das Kapital mit dem neuen Konzept der 24-Stunden-Warnstreiks zu Zugeständnissen gezwungen werden. An den Warnstreiks beteiligten sich eine Million Beschäftigte, an den 24-Stunden-Streiks eine halbe Million, in tausenden Betrieben. Die Idee bei diesem Konzept war, eine Woche lang verschiedene Unternehmen der Branche für einen kompletten Tag stillzulegen, um die Macht der Arbeiter_innen großflächig zu demonstrieren.

„Wir wollen nicht, dass die Betriebe lange stillstehen und die Straßen voller roter Fahnen sind.“ (Arbeitgeberverband Gesamtmetall). Am 5. Februar 2018 einigte sich die IG Metall dann mit dem Kapital auf einen Tarifabschluss in Baden Württemberg, der auch für die anderen Bundesländer übernommen wurde. Diese dann doch schnelle Einigung ist überraschend (zumindest wenn man die IG Metall als echte Gewerkschaft begreifen würde), ob es im Vorfeld entsprechende Absprachen gab, wie von manchen Gewerkschaftler_innen vermutet, lässt sich leider schwer überprüfen. Herausgekommen ist jedenfalls ein mageres und rechnerisch kompliziertes Ergebnis von umgerechnet etwa 2 Prozent Lohnsteigerung pro Jahr, was ungefähr der offiziellen Inflationsrate entspricht. Die viel diskutierte „28 Stundenwoche“ ist keine erkämpfte Errungenschaft, die nun allgemein für alle Beschäftigten (oder zumindest für bestimmte Bereiche) mit vollem (oder zumindest teilweisem) Lohnausgleich gilt. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine freiwillige betriebliche Regelung, auf die man sich individuell mit entsprechenden Lohneinbußen „bewerben“ kann – im Einzelfall sicherlich eine „nette Sache“, aber mehr auch nicht. Vor allem ist hierfür kein Arbeitskampf notwendig, denn viele Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen haben ihren Mitarbeiter_innen vergleichbare Optionen längst von sich aus angeboten. Ein weiteres Ergebnis des Arbeitskampfes sind 8 Tage Sonderurlaub, allerdings nur für wenige Beschäftigtengruppen: Beschäftigte mit Kindern unter 8 Jahren, pflegebedürftigen Angehörigen und unter stark reglementierten Bedingungen Beschäftigte im Schichtdienst. 6 Tage müssen selber bezahlt werden, 2 Tage zahlt das Unternehmen – also eine sehr unternehmerfreundliche Vereinbarung. Für dieses insgesamt magere Ergebnis war die IG Metall dann auch bereit, die zumindest offiziell bisher in Westdeutschland in der Metall- und Elektroindustrie geltende 35 Stundenwoche (38 Stunden in Ostdeutschland) weiter zu Lasten einer 40 Stundenwoche aufzuweichen: einerseits durch Erhöhung des prozentualen Anteils derjenigen, die 40 Stunden arbeiten dürfen, andererseits durch die Anwendung der durchschnittlichen Arbeitszeit (Ein Teilzeitbeschäftigter in 20 Stunden bedeutet, dass drei andere Beschäftigte 40 statt 35 Stunden arbeiten dürfen). Das Thema Leiharbeit, also dass in einem Betrieb unterschiedliche Arbeiter_innen dieselbe Arbeit für unterschiedliche Unternehmen unter unterschiedlichen Konditionen verrichten, wurde bei den Verhandlungen leider wieder einmal ausgeklammert. Ein weiteres großes Problem: Die Laufzeit des Tarifvertrags dauert bis zum 31. März 2020 (27 Monate). Und so lange gilt ein Streikverbot – haben die Unternehmen also ihre Ruhe!

Von der IG Metall und den bürgerlichen Medien wurde der Abschluss erwartungsgemäß als großer Erfolg abgefeiert: Die Rede ist von 4,3 Prozent mehr Lohn und die Einführung der 28 Stundenwoche, die völlig unkritisch als revolutionäre Errungenschaft abgefeiert wurde.

In Wirklichkeit untergrub die IG Metall mit diesem Abschluss einmal mehr die hohe Kampfbereitschaft der Arbeiter_innen und ignorierte die günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (volle Auftragsbücher und hohe Auslastung der Industrie sowie der Fachkräftemangel in Deutschland). Der Spiegel schrieb hierzu: „Dennoch hat die IG Metall der Versuchung widerstanden, nach Jahrzehnten in der Defensive einen demonstrativen Triumph über die Arbeitgeber zu zelebrieren – obwohl in Teilen der Basis die Sehnsucht danach groß war. Die Gewerkschaft hätte wahrscheinlich viele ihrer Forderungen ... auch ohne große Zugeständnisse durchsetzen können: Ein Flächenstreik wäre für die Unternehmen der Metallbranche angesichts der derzeit hohen Auslastung so schmerzhaft gewesen, dass die Arbeitgeberverbände wahrscheinlich nach kurzer Zeit alles unterschrieben hätten, was ihn beendet. Das hätte allerdings auch das Ende der konstruktiven Tarifpartnerschaft bedeutet, die eine Stärke des Standorts Deutschland darstellt“ (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ig-metall-der-tarifstreit-in-der-metallbranche-kennt-nur-gewinner-kommentar-a-1192088.html).

Ein Artikel von Gewerkschaftler_innen bringt die Rolle der IG Metall gut auf den Punkt: „Linke Kollegen in der Metallbranche halten die IG Metall vor allem deshalb für so mächtig, weil sie in der Lage ist, Niederlagen zu organisieren.“ (https://www.rubikon.news/artikel/kein-grund-zum-feiern)!

Dieser Arbeitskampf hat einmal mehr die Rolle der Regime-Gewerkschaften gezeigt, die die Arbeiter_innenklasse mit Pseudoerfolgen und geschickter Propaganda ruhig stellen und denen vor allem das Wohl des nationalen Standortes und die Sozialpartnerschaft und nicht die Interessen unserer Klasse am Herzen liegen.

Stattdessen ist es notwendig, dass sich die Arbeiter_innenklasse auf gewerkschaftlicher Ebene unabhängig von Staat, Nation und Kapital organisiert und dass aus den Kämpfen perspektivisch neue klassenkämpferische Basisstrukturen und Gewerkschaften hervorgehen. Hieran müssen wir als Kommunistinnen und Kommunisten an der Seite der Kämpfenden arbeiten – ob im Betrieb, im Stadtteil und überall dort, wo sich die Klasse in Bewegung setzt.

 

Internationale Kommunistische Partei