Deutsche Bahn 2017 – Auf Streik von Anfang an verzichtet

Pubblicato: 2017-07-23 10:35:44

Der Streik ist das wichtigste ökonomische Druckmittel, welches die Arbeiter_innenklasse in einem Arbeitskampf in der Hand hat, denn es greift das Kapital direkt dort an, wo es am meisten weh tut: am Profit. Bereits während der Tarifverhandlungen dienen Warnstreiks dazu, die Geschlossenheit der Belegschaft zu demonstrieren und die Unternehmer von Anfang an unter Druck zu setzen, um ein möglichst gutes Ergebnis durchsetzen zu können.

Die GDL (Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer), die die bei ihr organisierten Lokführer und Zugbegleiter bei der Deutschen Bahn vertritt, hat von Anfang an auf Streiks verzichtet, indem sie bereits letztes Jahr ein bis 2020 geltendes Stillhalteabkommen unterzeichnet hat. Dieses verpflichtet die GDL, beim Scheitern von Tarifverhandlungen, zunächst ein Schlichtungsverfahren zu akzeptieren. Hierzu schrieben wir 2016: „Da während einer derartigen Schlichtung die Friedenspflicht herrscht, müsste die GDL zur Durchführung eines Arbeitskampfes zunächst die Annahme eines Schlichterspruches verweigern, womit sie sich ein erhebliches Akzeptanzproblem in der Öffentlichkeit schaffen würde (auch hinsichtlich ihrer Mobilisierungsfähigkeit)“.

In der aktuellen Tarifauseinandersetzung war die GDL somit nach dem Scheitern der Verhandlungen im Dezember 2016 dazu gezwungen, zuerst ein Schlichtungsverfahren zu akzeptieren, bevor sie den DB-Konzern durch Streiks unter Druck setzen darf. Nach fast drei Monaten wurde dann das Ergebnis präsentiert – identisch mit dem, welches die unternehmerfreundliche Konkurrenzgewerkschaft EVG bereits im Dezember 2016 mit der Deutschen Bahn vereinbart hat: Eine Einmalzahlung von 550 Euro, 2,5 Prozent mehr Lohn ab April 2017 und ab Januar 2018 eine Verkürzung der Referenzarbeitszeit um 2,6 Prozent (plus einige Details wie bessere Planbarkeit der Schichtpläne).

Fazit:

Insgesamt eine sehr moderate Erhöhung, die sich an der Inflation orientiert. Das einst von der GDL hochgehaltene Ziel, gegen die im internationalen Vergleich geringe Bezahlung der deutschen Lokführer vorzugehen, lässt sich „nur auf dem Verhandlungstisch“ nicht durchsetzen – hierzu sind entschlossene Streiks der Arbeiter notwendig. Im April 2015 wurde ein vergleichbares Ergebnis (3,2 Prozent und im Folgejahr 1,5 Prozent mehr) von der GDL noch unter der Überschrift „das Zugpersonal hat die Nase gestrichen voll!“ mit aller Vehemenz abgelehnt. Damit bestätigt sich unsere Einschätzung, dass es sich bei der GDL ebenso wie bei anderen Spartengewerkschaften weder um Basis- geschweige denn um Klassengewerkschaften handelt, die das proletarische Klasseninteresse besonders vertreten und die aktive Beteiligung und Organisierung der Arbeiter in den Kämpfen vorantreiben würden. Sie stellen deshalb keine grundsätzliche organisatorische Alternative zu den DGB-Gewerkschaften zur Vorbereitung neuer Klassenkämpfe dar. Sie sind zwar meistens konfrontativer und kämpferischer als die DGB-Gewerkschaften, jedoch vor allem deshalb, weil sie sich vor ihren Mitgliedern gegenüber dem DGB profilieren müssen und ein organisatorisches Eigeninteresse vertreten. Dies kann für die Arbeiter_innenklasse von Fall zu Fall von Vorteil sein, aber eben auch falsche Illusionen schüren und zur Befriedung der Arbeiter_innenklasse beitragen und die Konflikte in institutionelle Bahnen lenken.

 

Internationale Kommunistische Partei